Wien, 22.9.1928
Mein Lieb!
Also mal in Eile ein Bericht. Vorgestern war ich bei Rudolf und erfuhr dort, daß „unbedingt etwas zu veranlassen sei“, daß der Schutt von den Maurern wegkommt. Ergebnis: Ich fuhr natürlich gestern morgens nach Weidlingau, um den Schutt wegzuräumen, die diversen Dinge, Kübel usw. herunterzuräumen und auszukehren. Nun wurde alles fertig bis Samstag, aber was mit dem Gas ist, weiß ich bis heute noch nicht. Bei Tucek war ich vorgestern auch, konnte ihn natürlich nicht treffen und ersuchte ihn, zu mir zu kommen. Wer bis heute nicht kam, war Tucek, aber als ich gestern abends Fredy abholte, traf ich Olga (sonderbarerweise auch nach Jahren einmal wieder Ottilie). Ich ersuchte Olga nun Fr. Tucek zu sagen, ihr Mann möge mir dort Post lassen und ich hole sie mir morgen früh.
LIEBER VATER ! BITTE SCHICKE UNS VON PRAG UND BERLIN EINE KARTE. VIELE BUSSERL VON ROBERT
Sofa hab ich gekauft um 80 S. Kasten und Kastl sind beide beim Tischler, wird beiläufig 20 S kosten. Die Kästen kosten 200 S und 4 S 50 sind Umsatzsteuer und Stempelgebühr.
Als ich nach Weidlingau kam, mußte ich sofort einen Reisbesen kaufen, noch dazu, da der Mitzis trotz stundenlangem Suchen nicht aufzufinden war. 2 S 20. 5 S ließ ich Mitzi für die Reibfrau. Das Geld fliegt nur so. Morgen gehe ich zur Sparkasse.
Wann wir ausziehen, kann ich Dir immer noch nicht sagen. Wenn das Gas in Ordnung ist, Montag, anderenfalls müssen wir halt noch warten. Nun Schatzerl, ich habe so viel zu tun, daß ich nicht einmal Zeit habe, mich um Dich zu kränken. Die Nächte sind auch sehr schlecht, da die Buben beide sehr erkältet sind. Robert liegt seit gestern mit über 39 Grad Fieber und hustet. Fredy hustet und hat einen derartigen Schnupfen, daß ich ihn heute nicht in den Kindergarten geschickt habe. Wie steht’s mit Deinen Geschäften? Viele Busserl
von Deiner Gretel
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